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Die Rohstoff-Woche - KW 32: Warum uns Shorts im Sommer besser stehen ...

08.08.2008  |  Tim Roedel (Rohstoff-Woche)
Diese Woche beherrschte nur ein Ausdruck den gesamten Rohstoffbereich: KRISE!

Horrormeldungen allenthalben, von kurzfristiger Korrektur bis Supercrash war alles zu finden. Vom “letzten Stündlein“ des Rohstoffsektors war zu lesen und von der Angst der Anleger vor weiteren Negativmeldungen. Angst? - gehört das auch zu einem der vier berühmten “G’s“ Kostolanys? Geld, Geduld, Glück und eigene Gedanken findet man da in einem verstaubten Buch aus den 80er Jahren.

Trotzdem mittlerweile zig Millionen Menschen weltweit diese Bücher regelrecht verschlungen haben, herrscht bei den meisten Anlegern mehr denn je der A-H-Effekt vor - Angst und Hoffnung. Und genau diese beiden Attribute herrschen aktuell auch in weiten Teilen des Rohstoffsektors vor. Viele Anleger haben Angst ihr Geld zu verlieren und verkaufen alles, was sich verkaufen lässt. Andere wiederum haben die Hoffnung, dass “alles wieder besser wird“ und halten ihre Stücke bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Angst - womöglich vor Totalverlust - stärker wird als die Hoffnung, nur um dann noch schnell “rauszukommen“. Viele wechseln dann auf die Short-Seite, um von sinkenden Kursen - auch im Bereich der Rohstoffe selbst - zu “profitieren“. Letzendlich profitiert dabei jedoch augenscheinlich immer die Bank - oder eben der Broker.

Nebenbei erwähnt gibt es übrigens noch ein fünftes “G“ - die Gier (nicht von Kostolany). Die Gier ist mindestens so gewichtig wie die Angst und offenbart sich in “Krisenzeiten“ wie den aktuellen vor allem auf der Shortseite. Doch auch Shorts werden irgendwann mal zum Auslaufmodell - spätestens dann, wenn die Temperaturen ein gewisses Niveau unterschreiten, oder eben dann wenn das Attribut “Geduld“ sich mehr und mehr auszuzahlen scheint und die “eigenen Gedanken“ wieder mehr in den Vordergrund rücken.

Zum Abschluß der Fachsimpelei vielleicht noch ein passendes Zitat des - zugegebenermaßen häufig kritisierten - Altmeisters Kostolany: “An der Börse sind 2 mal 2 niemals 4, sondern 5 minus 1. Man muß nur die Nerven haben, das minus 1 auszuhalten.“

Die ablaufende Rohstoffwoche ließ wenig gute Stimmung bei den Anlegern aufkommen. Bis auf Blei, das sein Niveau verteidigen konnte, mußten durch die Bank alle wichtigen Metalle Verluste hinnehmen.

Wie schwierig die aktuelle Situation einzuschätzen ist, zeigt das folgende Beipiel: Sinkende Aluminiumpreise und steigende - oder zumindest hohe - Öl- und Gaspreise machen viele Schmelzanlagen allmählich unwirtschaftlich. Das zeigt sich beispielsweise in der Ankündigung Rio Tintos, sein geplantes 700.000 Tonnen Projekt in Abu Dhabi erstmal auf Eis zu legen und die Aussage von Alcoa, dass man die Aluminiumproduktion in Texas stark zurückfahren wolle.

Die Experten der Deutschen Bank rechnen dagegen auf Grund zu erwartender Steigerungen der Aluminiumimporte Chinas mit anziehenden Aluminiumpreisen im zweiten Halbjahr 2008. Ähnlich auch die Einschätzung zu Zink: nach Meinung der Deutschen Bank wird China im zweiten Halbjahr die Exportzölle für eigene Zinkvorkommen stark erhöhen, was dem Metall erst einmal einen Push bescheren sollte - zumal sich auch die Lagerbestände aktuell auf einem sehr niedrigen Niveau befinden.

Für Kupfer könnten nach Meinung der Macquarie Group, die stetig gestiegenen LME-Lagerbestände und der Preisrückgang vom Peak Mitte Juli um 13% im weiteren Jahresverlauf - auch auf Grund zu erwartender, steigender Kupferimporte Chinas - zunächst zu einem regelrechten Ausverkauf von Kupfer und damit verbunden auch zu einem neuerlichen Preisanstieg des Metalls führen.

Gold steht weiterhin unter Druck und notiert aktuell bei 870 US$ je Feinunze. Es wird allgemein erwartet, dass die Korrektur bei Gold jedoch nur von kurzfristiger Dauer sein wird. Bestehende Finanzmarktkrisen und traditionell steigende Nachfrage in den Wintermonaten sollten sich frühzeitig auch in steigenden Goldpreisen wiederspiegeln, zumal auch die Realzinsen negativ sind und Anleger auf der Suche nach alternativen Investments schwer an Gold vorbeikommen werden.

Platin mußte in dieser Woche den tiefsten Stand seit sechs Monaten hinnehmen. Gerüchte über neuartige Verfahren, die es nun möglich machen sollen, dass Platin auch in den letzten Bereichen der Automobilherstellung vom billigeren Palladium ersetzt werden kann, drückten den Platinkurs auf unter 1.600 US$ je Unze. Inwieweit sich diese Verfahren in kurz- oder mittelfristiger Zeit tatsächlich durchsetzen lassen steht dabei in den Sternen. Sollte jedoch der Ölpreis weiter fallen, führt dies - zwar nicht zwangsläufig aber mit großer Wahrscheinlichkeit - wieder zu verstärkter Nachfrage nach Neuwagen und damit auch nach Platin.

Allgemein lässt sich sagen, dass die LME-Lagerbestände aller Metalle (bis auf Zink) aktuell sehr hohe Niveaus aufweisen. Dies dürfte in den kommenden Wochen weiteren Druck auf diese Metalle ausüben, auch wenn die meisten zugegebenermaßen aktuell überverkauft sind.

Die Frage aller Fragen für den gemeinen Autofahrer ist sicherlich die nach der weiteren Entwicklung des Ölpreises. Wie bereits letzte Woche vermeldet, erwartet die OPEC einen Rückgang auf bis zu unter 80 US$ pro Barrel. Andererseits nahmen jedoch in der vergangenen Woche die Short-Positionen auf Rohöl um sage und schreibe 81,9% ab. Wie passt das alles zusammen?

Ist die kurzfristige Korrektur schon wieder vorbei oder wird es weiter hinunter gehen? Auch in dieser Frage scheiden sich die Geister und die alles beherrschende Meinung ist momentan lieber ersteinmal abzuwarten, denn trotz Auflösung des überwiegenden Teils der Short-Positionen ist es nicht etwa so, dass dieses Geld sofort komplett in Long-Kontrakte floss. Ein leichter Anstieg konnte zwar registriert werden, die Mehrzahl der Anleger hält sich jedoch momentan noch mit genaueren Einschätzungen und Investitionen zurück.

Übrigens gibt es einiges, was eher wieder für steigende Ölpreise spricht. So stagniert die Ölproduktion in Russland bei 9,78 Mio. Barrel pro Tag und Nigerias Ölproduktion fiel im Juli unter die Marke von 1,8 Mio. Barrel pro Tag (nach Schätzungen verliert Nigeria pro Tag etwa 650.000 Barrel allein auf Grund von militärischen Attacken von Rebellen). Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen und soll lediglich aufzeigen, dass gegebenenfalls nicht nur Probleme auf der Nachfragerseite zu erwarten sind, sondern dass auch das Angebot hinkt.

Dass auch der Agrarsektor momentan - auch auf Grund einer moderaten Hurrikan-Saison in den USA - preislich ausgereizt scheint, zeigt die Tatsache, dass in der Vorwoche insgesamt 680 Mio. US$ aus dem Bereich der Agrarfutures abgezogen wurden. Das ist zwar bedeutend weniger als die 1,76 Mrd. US$, die in der Woche zum 22. Juli aus dem Markt gezogen wurden, der Trend scheint aber eine klare Richtung zu verfolgen. Übrigens wurden im zweiten Quartal 2008 das erste Mal seit Anfang 2007 wieder mehr Mittel abgezogen als hineininvestiert.

Ohne etwas schönreden zu wollen, bleibt für die ablaufende Woche festzuhalten, dass der Rohstoffsektor auch in Korrekturzeiten neben viel Schatten auch immer Licht am Ende des Tunnels bietet. Die angedeutete gegenläufige Abhängigkeit vieler Rohstoffarten untereinander bieten dem Anleger mit der Hilfe seiner eigenen Gedanken, etwas Glück, viel Geduld und entsprechendem Kapital zu jeder Zeit lohnenswerte Investments im Rohstoffsektor.


© Die Rohstoff-Woche





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