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Die Rohstoff-Woche - KW 37: Und täglich grüßt das Murmeltier...

14.09.2008  |  Tim Roedel (Rohstoff-Woche)
...so oder so ähnlich fühlt wohl der gemeine Rohstoffanleger, wenn er Tag für Tag auf seinem Bildschirm seine Depotwerte oder die neuesten Rohstoffpreise studiert. Diese Woche erwischte es zur Abwechslung einmal die beiden Edelmetalle Gold, das etwa 10% gegenüber der Vorwoche einbüßte und vor allem Silber, mit einem Abschlag von etwa 15%.

Fundamentale Gründe für derartige Ausverkäufe lassen sich indes schwer finden, eher schon das Gegenteil:

Wie wir in der Rohstoff-Woche der KW 33 berichteten, kommt es im größten Förderland für Gold - in Südafrika immer wieder zu unregelmäßigen Schwankungen im Stromnetz, zu Abschaltungen und Rationierungen. Der halbstaatliche Energiekonzern Eskom kann der Bergbauindustrie Südafrikas, die für 11% der weltweiten Goldförderung und 75% der weltweiten Platinförderung verantwortlich ist, nur etwa 90% bis 95% ihres Energiebedarfs zur Verfügung stellen.

Diese unkalkulierbaren Energieprobleme zeigen sich laut Statistics South Africa auch hauptverantwortlich für den Rückgang der Goldförderung Südafrikas von 16,4% und der restlichen Metallförderung von 12,0% im Juli 2008, im Vergleich zum Vorjahresmonat. Zieht man zum Vergleich den Vormonat Juni heran, so betrug der Rückgang des geförderten Goldes innerhalb eines Monats 3,7% und 9,8% bei den anderen Metallen. Folgende Grafik von Statistics South Africa zeigt die jeweils gesamte, monatliche, Minenproduktion Südafrikas seit Januar 2003.

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Das derartige, monatliche Förderstatistiken lediglich Momentaufnahmen sind, soll hier keinesfalls von der Hand gewiesen werden, jedoch ist in obiger Grafik ein gewisser Abwärtstrend klar herauszulesen.

Dass die Gründe für die aktuelle Baisse des Rohstoffsektors (zumindest im Wertpapierbereich) zu großen Teilen außerhalb desselben zu suchen sind, sollte mittlerweile klar ersichtlich sein. Ein “Erstarken“ des US-Dollars gefällt der Rohstoffbranche traditionell nicht. Und die “Rettung“ der beiden wohl marodesten und am schlechtesten gemanagten Bruchbuden der vergangenen Jahre - Fanny Mae und Freddie Mac - ließen nur für einen einzigen Tag Hochstimmung an den weltweiten Börsenplätzen aufkommen ... stehen doch die nächsten - früher renommiertesten, aber durch geldgeile Manager an den Rand des Ruins getriebenen - Pleitekandidaten schon Gewehr bei Fuß. Die Stabilisierung von Lehman Brothers schlug un dieser Woche im ersten Versuch zumindest schon einmal fehl und über Merrill Lynch haben mittlerweile auch die Geier die imaginären fetten und aufgeblähten Tauben vertrieben, die man sich Schlaraffenland-like ins Maul fliegen lassen wollte.

Die ersten Anlagen, die eine gewisse Panik zu spüren bekommen, sind dann natürlich immer die mit dem meisten Risiko - und damit wären wir schon beim Thema Hedgefonds. Diese kämpfen momentan mit Geldabflüssen, wie man sie zuletzt beim Platzen der Dotcom-Bubble erlebt hat. Die Folge: die Fondsmanager müssen alles, was nicht niet- und nagelfest ist verkaufen - und das trifft die Großen wie die Kleinen - ohne Rücksicht auf Fundamentales wie die Qualität der Projekte und des Managements, dem Entwicklungsstatus, der Unternehmensgewinne oder der finanziellen Situation der zu liquidierenden “Posten“. Und natürlich auch der Nachrichten, die diese lästigen Rohstoffunternehmen veröffentlichen.


Beispiele gefällig?

Der kanadische Eisenerzexplorer Advanced Explorations vermeldet den definitiven Erhalt von 70% des Roche Bay Eisenerzprojekts in der kanadischen Provinz Nunavut, einem Projekt, das als eines der größten Eisenerzvorkommen der nördlichen Halbkugel eingeschätzt wird. Resultat: -25%.

Die australische Explorationsgesellschaft Tiger Resources veröffentlicht eine positive Machbarkeitsstudie für ihr Kupfer-Kobalt-Projekt Kipoi in der Demokratischen Republik Kongo. Folge: weitere 15% Minus nach weiteren vorausgegangenen Kursabschlägen.

Die US-amerikanische Goldexplorationsgesellschaft Evolving Gold vermeldete für ihr Rattlesnake Hills Projekt in den USA Bohrergebnisse von 2,48 Gramm Gold pro Tonne Gestein über 146 Meter. -20%.

Der australisch-zypriotische Gold- und Kupferexplorer EMED Mining vermeldet für sein slowakisches Goldprojekt Biely Vrch Goldgehalte von 1,1 g/t über 400 Meter. Und, was glauben Sie? - Richtig, keinen scheints zu interessieren.

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Die genannten Beispiele zeigen, dass das aktuell krankende System weder vor der Größe der Company, der Art der Meldung, der Lokalität der Projekte, noch bei der Art des Rohstoffs halt macht.

Alles wird billiger, nur das Öl nicht! Das Öl werden Sie jetzt sicher sagen, das ist doch aber diese Woche schonmal unter 100 US$ je Barrel gefallen. Stimmt! Bringt mir als Autofahrer aber nicht viel.

Heute morgen kostete an der benachbarten Shell-Tankstelle der Liter Super-Benzin 1,499 Euro. Das sind genau 7 Cent weniger als der bisherige Höchstpreis von Anfang Juli, also genau 4,67% weniger als zum Höchststand. Das Fass Rohöl steht aktuell bei etwa 100 US$ je Barrel, Höchststand waren 146 am 04.07.2008, macht ein Minus von 31,5%. Nun gut, wären wir Milchmädchen würden wir diese beiden Differenzen jetzt miteinander vergleichen, sind wir aber nicht. Zieht man von den 1,499 die Mineralölsteuer ab (diese liegt aktuell bei etwa 65 Eurocent), dann kommt man auf 0,849 Euro, der Höchstpreis war mal bei (1,569 - 0,65 =) 0,919 Euro. Differenz immer noch 7 Cent (die Mineralölsteuer ist seitdem gleich geblieben), aber jetzt (auf Grund der niedrigeren Basis, da ja die Steuer abgezogen wurde) 7,62%.

Im Vergleich zum - nennen wir es einfach mal - “All-Time-High des Preises für Super-Benzin“, wurde uns von Shell und dem Tankstellenpächter (auf ein oder zwei Prozent hin oder her läßt sich dies sicherlich auch auf jede x-beliebige andere Tankstelle in Deutschland übertragen) jetzt also ein um 7,62% niedriger Preis für den Liter Benzin in Rechnung gestellt (wie gesagt, der Staat bleibt aussen vor, es geht rein um den Ölkonzern und dessen Vertriebsweg).


Kommen wir zum Einkaufspreis der Ölkonzerne:

Aktuell zahlt Shell (mal angenommen, Shell müßte 100% seines Bedarfs zukaufen (was ja nicht so ist, da wir spätestens seit der Brent-Spar-Affäre wissen, dass Shell selbst große Teile seines Rohöls billig fördert)) beim heutigen Dollarkurs von etwa 1,41 also (100 US$ : 1,41 =) 71 Euro pro Barrel. Zum Zeitpunkt des All-Time-Highs des Rohölpreises von 146 US$ am 04.07.2008 (was auch dem Zeipunkt des ATHs von 1,569 Euro pro Liter Super an unserer Tankstelle entspricht) hätte Shell beim damaligen Dollarkurs von 1,58 US$/Euro genau 92,40 Euro je Barrel bezahlen müssen.

Die Differenz der Einkaufspreise vom ATH zum heutigen Einkaufspreis beträgt also 21,40 Euro oder -23,2%. Zur Erinnerung, wir zahlen an unserer Beispieltankstelle gerade einmal 7,62% weniger als zum Super-Sprit-ATH!

Soviel zur Lage bei Shell und den anderen mutmaßlichen Kartellmitgliedern. Doch wie heißt es immer so schön: “Wo kein Kläger, da kein Richter“. Solange sich mit Öl von staatlicher Seite her Milliardeneinnahmen generieren lassen, wird sich an diesem Betrug am Endverbraucher sicherlich nicht viel ändern. Das sogenannte “Frühstückskartell“ (Frühstück deshalb, weil eine Theorie besagt, dass die Konzernbosse die täglichen Benzin- und Dieselpreise immer während eines gemeinsamen Frühstücks absprechen) wird weiter seine Fäden ziehen - übrigens auch beim Erdgas, das - trotz der sinnlosen Kopplung an den Ölpreis - wohl erst in einem halben Jahr mit sinken wird, oder vielleicht auch gar nicht. Irgendwie schon logisch, oder? Gas ist ja schließlich von Natur aus noch zäher als Rohöl.

Wo hinein soll man denn nun eigentlich noch sein Geld stecken als Rohstofffan? Was hat denn besonders gute Aussichten, weg von all dem Gedrücke und der Flucht aus den Metallen, dem Öl, Uran und sonstigen “strahlenden“ Commodities?


Wie wärs denn mal mit Agrarrohstoffen?

Fakt ist, dass die Weltbevölkerung mindestens bis 2100 weiter zunehmen wird, von aktuell etwa 7,5 Milliarden Menschen auf 11 bis 12 Milliarden. Erst dann würden Maßnahmen zur Begrenzung der Bevölkerung wie Geburtenkontrollen oder 1-Kind-Politik greifen.

Fakt ist, dass die weltweite Anbaufläche für Grundnahrungsmittel seit Jahren stagniert. Was man sich vom Regenwald holt, verliert man an anderer Stelle wieder an Städte oder die sich zunehmend ausbreitenden Wüstengebiete.

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Fakt ist, dass immer mehr dieser Flächen für die Erzeugung von alternativen Energien wie Biokraftstoffen oder Biogasanlagen abgezweigt wird.

Fakt ist, dass immer mehr Menschen einen immer höheren Lebensstandard erreichen wollen und werden. Dazu gehört auch eine steigende Nachfrage nach Fleischprodukten und mehr Fleisch bedingt mehr Futtermittel.

Fakt ist, dass wir schon jetzt mit Nahrungsmittelknappheit zu kämpfen haben.

Gelöst werden können all diese Probleme (höherer Bedarf bei gleicher Fläche) nur durch einen höheren Ertrag. Und der wiederum bedingt Dünger. Hohe Düngung hat eine allmähliche Auslaugung der Böden zur Folge, was uns letztendlich zu Aufbereitungsmaßnahmen führt.

Summa sumarum ergeben sich im Agrarbereich also vier verschiedene Investmentmöglichkeiten, die man zwangsläufig in immer höherer Menge benötigen wird:

• pflanzliche Grundnahrungsmittel wie Weizen, Mais und Soja,
• Fleisch, das eine hohe Menge an pflanzlichem Futter bedingt,
• Düngemittel und Betriebe, die deren Inhaltsstoffe wie Kalisalz (Pottasche) und Phosphat fördern, und
• Firmen, die darauf spezialisiert sind, ausgelaugte Böden wieder aufzubereiten.

Zu den beiden erstgenannten Punkte existieren Marktpreise, Zertifikate und börsennotierte Erzeugerunternehmen. Zur dritten Kategorie existieren sowohl hersteller wie Kali & Salz oder Potash Corp., als auch Explorationsgesellschaften wie Western Potash. Letztgenannte Kategorie bietet aktuell noch recht wenige Investmentchancen, da es zum Einen nur sehr wenige Spezialfirmen auf diesem Gebiet gibt und die meisten davon zum Anderen nicht börsengelistet sind. Dadurch bieten sich Anlegern gerade innerhalb dieser Nische in Zukunft wohl die besten Investmentchancen eine “Microsoft“ herauszufinden.

Wir bleiben an diesem spannenden Thema auf jeden Fall dran und werden in einer der nächsten Ausgaben eine dieser wenigen börsennotierten First-Mover vorstellen.

Bis dahin eine gute Zeit, bleiben Sie weiterhin am Ball!


© Tim Roedel
Die Rohstoff-Woche





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