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Die Rohstoff-Woche - KW 38: Von Pleiten und Rekorden

20.09.2008  |  Tim Roedel (Rohstoff-Woche)
Nimmt man es genau, dann müsste man die Überschrift noch mit einem der Begriffe "Pleitenrekorde“ oder "Rekordpleiten“ erweitern. Alles in allem war die Kalenderwoche 38 aus Anlegersicht eine denkwürdige Woche, die wohl niemand so schnell wieder vergessen wird. Selbst der Mainstream um Kloeppel und Kerner konnte es sich nicht verkneifen, Parallelen zur Weltwirtschaftskrise von 1929 zu ziehen.

So konnten wir alle diese Woche einmal die beiden Extreme der Börsenwelt erleben. Auf der einen Seite - wie letzte Woche angekündigt - eine Pleitewelle riesigen Ausmaßes. Lehman Brothers pleite. Merril Lynch quasi verstaatlicht. Morgan Stanley fusioniert mit Wachovia. Mehrere bankrotte Baufinanzierer, die zum Teil aufgefangen werden oder aber im Rahmen einer notwendigen Marktbereinigung gerne in die Pleite geschickt werden. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die "aus Versehen“ um "5 nach 12“ dem Insolvenzverwalter von Lehman Brothers 300 Mio. € (oder waren es 500 Mio? Oder noch mehr?) überweist.

So genau kann oder will man den exakten Überweisungsbetrag jedoch nicht nennen - ist ja eigentlich auch egal - zahlt ja sowieso alles der dumme Steuerzahler. Gut, zur allgemeinen Beruhigung sägt man ein oder zwei unbedeutende Vorstände ab, macht nichts, wir haben ja noch 35 weitere. Und, last but not least (für diese Woche), noch ein Einlagensicherungsfonds, der faktisch pleite ist, also eigentlich gar nichts mehr absichern kann. Aber auch der wird von Regierungs- oder Notenbankseite wohl mit frischem Kapital ausgestattet werden. Gut für die Sparer, schlecht für die Inflationsrate.

Damit kommen wir auch schon zur anderen, der "glänzenden“ (?) Seite der Medaille. Viele Leute fragten sich Mitte der Woche, ob denn ihr Geld auf der Bank eigentlich noch sicher sei und entschieden sich spontan für eine Anlage in Edelmetalle. Einige Edelmetallhändler waren Mittwochabend faktisch ausverkauft und kommentierten das Tagesgeschäft mit den Worten "die Leute kaufen, als wenn es zu Mittag kein Gold mehr gäbe“. Es soll an dieser Stelle gar nicht bestritten werden, dass ein großer Teil dieser physischen Käufe sicherlich auch aus Gründen einer gewissen Panik durchgeführt wurden, jedoch zeigt diese Reaktion, wie schnell es in einer Hype-Situation gehen kann.

In nackten Zahlen konnte man das Ganze am Mittwoch ab etwa 16.00 Uhr an Gold- und Silberpreis beobachten, die binnen zwei Stunden um knapp 10% bzw. über 12% zulegen konnten. Ein Rekordwert für einen Anstieg der beiden Edelmetalle an einem einzigen Tag. So kommt’s, wenn man reihenweise Shorts eindecken muss. Mittlerweile hat sich die ganze Sache aber schon wieder beruhigt, nicht aufgrund der Tatsache, dass die FED den Gesamtmarkt wieder einmal mit Milliarden oder gleich Billionen von Dollarnoten retten will. Die Einzigen, die davon in größerem Maße profitieren, sind die Hersteller von Druckmaschinen, die wohl in Kürze neue Aufträge aus Washington erhalten werden.

Weniger stark profitieren konnten in dieser Woche hingegen Platin und Palladium, da diese stärker von den Bedarfen der Industrie abhängig sind und die Industrie wiederum nun doch verstärkt Angst vor einem Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Lage und damit auch des Verbraucherkonsums hat.

Das bekamen auch die Basismetalle zu spüren, wo in dieser Woche nichts so richig vorwärts ging. Nachdem die meisten der Industriemetalle im Rahmen der allgemeinen Euphorie des Rohstoffsektors zu beginn der Woche noch fleissig mit nach oben zogen, gaben diese zum Ende der Woche hin wieder große Teile der Preigewinne ab. Das hat wohl auch mit den sich weiter erhöhenden LME-Lagerbeständen zu tun, die vor allem beim Kupfer einen teilweise kräftigen Sprung nach oben verzeichneten.

Dazu passt dann auch eine Meldung aus China, wonach die Stahlproduktion nach Beendigung der Olympischen Spiele nicht wieder angezogen hat, sondern sogar mit einer weiteren Abschwächung zu rechnen sei. Dagegen scheint Japans Stahlindustrie weiterhin intakt zu sein, die Japan Iron and Steel Federation rechnet jedenfalls sowohl aus der Maschinenbaubranche als auch von Seiten der japanischen Autobauer her mit einer weiterhin robusten Nachfrage.

Acerinox, der weltgrößte Hersteller von Edelstahl, erwartet einen Anstieg der Nachfrage nach Edelstahl für den Rest des Septembers und den Oktober, obgleich man einem Sprecher von Acerinox zu Folge noch keine größeren Anzeichen dafür hat. Und auch Sinosteel Corp. of China und Guangxi Bayi Ferroalloys wollen ihre Edelstahlproduktionsstätten massiv erweitern.

Etwas Sorge machen vielen Anlegern momentan ihre Investments in australische Minenwerte, da der größte Rohstoffinvestor Australiens, die Macquarie Bank scheinbar auch in größeren Zahlungsschwierigkeiten steckt, als zunächst angenommen. Viele der Rohstoffunternehmen, an denen Macquarie mit einem größeren Aktienpaket beteiligt ist, mußten in den letzten Tagen überdurchschnittlich viele Federn lassen. So zum Beispiel auch Tiger Resources, die trotz fertiger Machbarkeitsstudie und Gerüchten über einen positiven Ausgang des Vertragsüberprüfungsprozesses im Kongo seit Tagen nur eine Richtung kennt und mittlerweile kursmäßig da steht, wo sie stand, bevor überhaupt jemals mit Bohrungen begonnen wurde. 440.000 Tonnen Kupfer und 20.000 Tonnen Kobalt, sowie weiterer ausstehender Ressourcen, eine Machbarkeitsstudie und über 20 Mio. AUD Cashpolster später, steht man nun quasi wieder am Anfang. Auf Nachfrage bestätigte das Tiger-Management selbst, dass ein ehemals großer Shareholder in den letzten Tagen und Wochen massiv seine Anteile an Tiger Resources verkauft hat. Ob es sich dabei um Macquarrie handelt, wollte man nicht bestätigen.

Dies stellt lediglich eines von vielen möglichen Beispielen dar, sofern Macquarrie tatsächlich in größeren Liquiditätsproblemen steckt.

Der Ölpreis konnte nach einem Rückgang auf fast 90 USD je Barrel wieder Bofen gut machen und notiert aktuell knapp über 100 USD. Der neuerliche Aufwärtstrend könnte sich – schenkt man dem US-amerikanischen Institut für Ozeanographie und Atmospherik Glauben, wonach die Kopnditionen für weitere Hurrikanes noch immer oprimal seien - kurzfristig noch weiter fortsetzen.

Das Dauerthema Benzin läßt uns auch in dieser Woche nicht kalt, zumal ein weiter stärker werdender Dollar den Autofahrern im Euroraum die Laune vermiest. Übrigens, haben Sie es schon mitbekommen, ging vielleicht in dieser turbulenten Woche etwas unter: Shell ist der erste Ölkonzern, der das Normalbenzin aus dem Sortiment nimmt.

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Vor Monaten wurde uns noch weißgemacht, die Nachfrage nach Normalbenzin wäre so stark gestiegen, dass man es preismäßig dem Superbenzin angleichen müsste. Und jetzt, da es gleich viel kostet, tankt natürlich jeder vier Oktan mehr in den Tank, für’s "gleiche“ Geld, also gibt es konsequenterweise keine Nachfrage nach Normalbenzin mehr. Denn wer tankt denn schon das "schlechtere“ Benzin zum gleichen Preis wie das "bessere“? Müsste dann aber nicht normalerweise der Preis für Normalbenzin wieder fallen? Nein, da schafft man es doch lieber ab, damit man weiterhin alle Autofahrer das teure Super tanken lassen kann. Da stellt sich eigentlich nur noch eine Frage, lieber Shell-Vorstand: Wann wird eigentlich der Preis für Super dem von V-Power angeglichen?

Doch auch dafür hat Shell bereits eine Lösung gefunden: um einen zu großen, auffälligen Preissprung zu umgehen, hat Shell pfiffigerweise schon reagiert und kurzerhand eine weitere Sorte Super-Benzin eingeführt. Die hat auch 95 Oktan, genau wie Super-Benzin, kostet aber 5 Cent mehr pro Liter. Also im Prinzip nichts anderes als das herkömmliche Super-Benzin, nur mit einem werbewirksamen Namen verpackt und 5 Cent teurer.

Na, was glauben Sie, wann diese 5 Cent Unterschied angeglichen sein werden?

Als Fazit für diese Woche bleibt eigentlich nur festzuhalten, dass die nächsten Wochen sicherlich noch holprig werden können, jedoch auch exzellente Einstiegschancen vielerlei Art innerhalb des Rohstoffsektors bieten werden.


© Tim Roedel
www.rohstoff-woche.de





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