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Die Rohstoff-Woche - KW 42: Das Goldkartell

17.10.2008  |  Tim Roedel (Rohstoff-Woche)
Die Kalenderwoche 42 ist im Rohstoffbereich - ebenso wie eigentlich im gesamten Börsengeschehen - von einer regelrechten Achterbahnfahrt gekennzeichnet. Während sich die Märkte am Montag weltweit mit Rekordgewinnen vom Ausverkauf der vorhergehenden Woche erholten, schlugen sie seit Dienstag wieder den umgekehrten Weg ein. Mit allerlei Auf und Ab zwischendrin, versteht sich. Das Ganze kann aktuell wohl nur als Gezocke angesehen werden, man versucht das richtige Momentum auszuloten, wann die Märkte endgültig wieder drehen könnten, nur um dann zu merken, dass es doch noch nicht soweit ist und doch wieder zu schmeißen und die ganze Abwärtsspirale zusätzlich anzuheizen.

Zusätzlich angefacht wird die ganze Misere an den Rohstoffmärkten durch viele Hedge-Fonds, die teilweise große Refinanzierungsschwierigkeiten haben und daher zum Verkauf von Anteilen an allen möglichen Firmenanteilen gezwungen sind, egal zu welchen Kursen. Ein Ende der Marktturbulenzen ist aktuell noch nicht abzusehen, eventuell kann die US-Wahl eine Trendwende einleiten, wobei Bush so oder so noch bis Januar weiterpfuschen darf.

In Tagen wie diesen werden Rockefeller geboren, so heißt es. In Tagen wie diesen werden aber auch neue Helden, Gurus und Experten geboren, nämlich dann wenn irgendetwas von dem eigenen Gesagten, egal ob aus Glück, Zufall oder tatsächlicher Verständnis, eintreffen sollte.

Die wahren Experten - oder sollte man eher “Erleuchtete“ sagen? - scheinen tatsächlich im Vatikan zu sitzen, also quasi an der Quelle allen Seins und aller Weisheit. Waren es doch gerade die Finanzexperten des Papstes, die eben diesem bereits in der zweiten Jahreshälfte 2007 rieten, jenes Kirchenvermögen, das bis dato in Aktien angelegt war, besser in Tagesgeld, Anleihen und ... natürlich: Gold umzuschichten. Insgesamt rund 1,2 Milliarden US$ flossen so auf Tagesgeldkonten und in den Anleihenmarkt. Zusätzlich gönnte sich die katholische Kirche - wohl in Vertrauen auf das Göttliche - eine Tonne Gold. Nun muss man bei allem Respekt dennoch zugeben, dass sich dieser Kauf bis jetzt noch nicht ausgezahlt hat. Zugegeben, man konnte die Aktien rechtzeitig loswerden und hat sich dafür physisches Gold, also einen Sachwert gekauft, aber recht viel “reicher“ ist man dadurch nicht geworden - zumindest nicht offiziell.

Der offizielle Goldpreis “dümpelt“ ständig zwischen 800 und 900 US$ je Unze hin und her, mal ein bisschen höher, mal ein bisschen niedriger, aber im Allgemeinen schon seit Monaten innerhalb des Bereichs zwischen 800 und 900 US$. Nun haben wir ja bereits letzte Woche gelernt, dass im Grunde genommen kein einziger Edelmetallhändler mehr gängige Anlagegrößen (Münzen und kleinere Barren) liefern kann. Banken nehmen nicht einmal mehr Bestellungen an - ob nun auf Weisung der EZB, der Amerikaner, des Papstes oder der Deutschen Bundesbank oder gar keinem, soll dabei zunächst einmal dahingestellt sein. Und selbst wenn man bestellen konnte, dann würde man erst irgendwann im Februar oder März 2009 sein rundes oder quadratisches Nugget in Händen halten können. Vielleicht würde man es auch nie bekommen oder aufgrund einer Staatsverordnung gleich wieder abgeben müssen, aber auch dieses Thema soll uns aktuell (noch?) nicht weiter tangieren.

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Gold ist also nachweislich knapp und die Nachfrage danach scheint das Angebot bei weitem zu übersteigen (wenn nicht, hätten wir ja keine Wartezeiten (das ganze verhält sich in etwa so, wie wenn man in der früheren DDR einen Trabant kaufen wollte)). Nun lernt man heutzutage ja bereits in der Schule, dass sich auf einem freien und offenen Markt der Preis für ein Gut nach dem Angebots- und Nachfrageverhältnis richtet. Ist die Nachfrage geringer als das Angebot, kommt es im Allgemeinen zu Preissenkungen, um die Nachfrage zu steigern und das Überangebot abzubauen. Ist das Angebot hingegen knapper als die Nachfrage, so steigt im Allgemeinen der Preis für ein Gut bis zu einem bestimmten Niveau innerhalb dessen die Anzahl der Nachfrager so weit sinkt, dass die Angebotsseite wieder die Oberhand gewinnt. Das Ganze nennt sich dann Marktgleichgewicht.

Wie sieht es aber nun beim Gold aus? Aktuell stehen sich hier viele Nachfrager einem Angebot, welches gegen “Null“ geht gegenüber. Müsste dann nicht der Preis für Gold eigentlich ansteigen, bis in Regionen, wo immer mehr Leute Gold verkaufen und sich das Angebot somit wieder von der Marke “Null“ wegbewegt? In einem freien und offenen Markt müsste es das, jedoch hat ein findiger Ökonom vor vielen vielen Jahren für Fälle in denen eine freie Preisgestaltung innerhalb eines freien Marktes nicht erwünscht ist (von wem auch immer) Derivate erfunden, mit Hilfe derer sich Preise (bis zu einem gewissen Grad) künstlich, naja, nennen wir es “gestalten“ lassen. Über einen gewissen Zeitraum lässt sich so der Preis für ein bestimmtes Gut, in unserem Falle Gold, also unten halten. Trotzdem dieser Preis nach der klassischen Marktlehre eigentlich steigen müsste.

Doch ewig wird diese Masche nicht funktionieren. Nach Meinung vieler Experten halten einige der weltweit größten Finanzhäuser (darunter unter anderem JP Morgan und die Citygroup) Short-Positionen in Gold im 5-stelligen Tonnenbereich - da mutet die eine Tonne, die der Vatikan aufgekauft hat, geradezu wie Peanuts an. Wann und wie soll diese Menge an Gold jeweils gedeckt werden? Und wenn diese Welle irgendwann einmal in Bewegung kommt, wohin steigt dann der Goldpreis? Wenn dann der Goldpreis steigt, wie sollen die betroffenen Institute diese nicht vorhandenen, aber bereits vorab verkauften Goldmengen bezahlen können? Aufmerksame Leser werden sicher selbstständig auf die nächste Frage kommen: Wird das dann die nächste Blase sein, die platzt? Werden wir dann nicht die nächste Pleitewelle sehen? Was machen dann die Besitzer von “Papiergold“? Wird für deren Verluste dann Frau Merkel auch geradestehen?

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Wobei wir wieder bei einem der Grundsätze der Rohstoff-Woche angelangt wären: Machen Sie sich Ihre eigenen Gedanken dazu, haben Sie viel Geduld, vertrauen Sie auf Ihr eigenes Glücksmoment und setzen Sie Ihr wohlverdientes Geld mit Weitsicht ein. Kostolanys Prinzip der vier G’s, etwas angestaubt, aber immer noch aktuell.

Übrigens: außerhalb des irrationalen und manipulativen, offiziellen Goldmarktes wird das Gut Gold längst zu Preisen um die 1.300 bis 1.400 USD gehandelt.

Absolut traurig sieht es immer noch im Bereich der Industriemetalle aus. Man meint, dass viele Leute nicht nur von einer bevorstehenden Rezession ausgehen würden, sondern von einem absoluten und weltweiten Produktionsstillstand über viele Jahre hinweg. Anders ist der Preisverfall nahezu aller Industriemetalle nicht zu erklären. Doch auch hier wird - früher oder später - das Prinzip des Marktes wieder greifen. Minen, Stahlbetriebe und Aluminiumhütten werden schließen, die Produktion wird schneller sinken als die Nachfrage und die Preise werden wieder anziehen. Bei dem Tempo indem aktuell metallverarbeitende Betriebe geschlossen werden, wird ein gewisser Rebound im Bereich der Industriemetalle schneller kommen als viele erwarten. Wobei man natürlich bedenken muss, dass vor allem in den USA aktuell soviel unverkäufliches Altmetall auf vier Rädern herumsteht, das auch erst mal wieder recycelt werden muss.

Das selbe Spiel sehen wir aktuell auch beim Öl, dass in dieser Woche sogar bis unter die Marke von 70 USD je Fass fiel. Die OPEC wird nächste Woche eine Drosselung der Ölproduktion beschließen und damit den Ölpreis wieder kräftig unterstützen, daran sollte kein Zweifel bestehen. Die Nachfrage nach dem schwarzen Gold wird in Richtung Winter nochmals anziehen, Heizölhändler bestätigen, dass die Lager leer seien - Lieferzeit 4 Wochen.

Die Schlangen vor den Banken und Heizöllagern werden wieder länger, die Parkplätze hinter den Produktionshallen der Autohersteller wieder voller. Ein schlechtes Zeichen für Joe den Klempner (so nennen McCain und Obama neuerdings das amerikanische Pendant zum deutschen Ottonormalverbraucher), ein chancenreiches Zeichen für den cleveren Anleger und Verbraucher.


© Tim Roedel
Die Rohstoff-Woche





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