Interview mit Fondsmanager Marc Gugerli: Gold im big picture!
O. Disler: Herr Gugerli, sind Sie als Goldinvestor enttäuscht über die Goldpreisentwicklung in diesem Jahr?
Marc Gugerli: Relativ gesehen hat Gold gegenüber fast allen Asset-Klassen “outperformt“. In Rand, Can$, Pfund, Aussie$ oder auch Euro haben wir kürzlich sogar Allzeithöchststände erzielt. Die Enttäuschung liegt eher bei der Performance der Goldminenaktien.
O. Disler: Weshalb ist Gold dennoch nicht viel höher in Anbetracht der Krise?
Marc Gugerli: Gold ist in erster Linie eine Werterhaltung und diese Funktion nimmt es auch wahr. Gold ist Geld und verhält sich mit der Entwicklung der Geldmengen. In den letzten Monaten wurde sehr viel Geld vernichtet, obwohl seitens der Notenbanken Gegensteuer in Form von Geld drucken gegeben wird. Man hat die Probleme nicht in dem Ausmass erkannt wie sie sich heute präsentieren und war zu lange Zeit hinter der Kurve, was man jetzt aber realisiert hat (Trichet ist der Langsamste!) Deshalb ist der Goldpreis noch nicht explodiert.
O. Disler: Gibt es einen Zusammenhang zwischen den Geldmengen und dem Goldpreis?
Marc Gugerli: Ja. Weil Gold Geld ist, war und bleiben wird, misst sich der Preis neben Angebot und Nachfrage eben an der Entwicklung der Geldmengen. Diese wachsen in den westlichen Ländern normalerweise um die 10%. Jetzt aber um ein Mehrfaches. Man will vor die Kurve gelangen. Der Goldpreis wird das reflektieren. Inflationsbereinigt sollte Gold heute schon über 2.000 $ sein. Das ist aus meiner Sicht das absolute Minimalziel. Die Goldinflation beträgt 1,6% (Produktion) also etwa 2.000 Tonnen pro Jahr. Der Gesamtbestand beträgt etwa 140.000 Tonnen. Die Geldinflation wird jetzt auf über 30% und in einigen Fällen über 100% hochgefahren. Der Goldpreis wird diese Inflation mit entsprechenden Preissteigerungen ausgleichen.
O. Disler: Ist Gold eine Alternative zu Cash oder Staatsobligationen, wo man ja praktisch nichts mehr kriegt?
Marc Gugerli: Eine Superfrage. In den Staatsobligationen hat sich bereits ein neuer Bubble gebildet. Die Bankkunden, Vermögensverwalter, etc. sitzen auf etwa 20% Cash und gut 30% Staatsobligationen im kurzfristigen Bereich. In der ersten Phase der Deflation ist das ja gut. Nur wer hört das Glöckchen läuten um etwas zu ändern, wenn die Asset-Preise wieder steigen? Auf Gold bekommt man ja auch keinen Zins wie auf diesen Cash-Beständen. Nur wird jeden Tag neues Geld gedruckt im Gegensatz zu Gold wie vorher erklärt. Wollen Sie lieber etwas besitzen, von dem es jeden Tag mehr gibt oder eben Gold mit dem riesigen zusätzlichen Vorteil, dass Gold “nobody´s liability“ ist und in der heutigen Zeit viel Wert ist.
O. Disler: In welcher Form soll der Anleger Gold kaufen? Empfehlen Sie auch Münzen?
Marc Gugerli: Es gibt 3 Möglichkeiten, die sicher sind:
1. Sie kaufen physisches Gold und lagern es in einem Safe.
2. Sie kaufen den ZKB Gold ETF an der Schweizer Börse, weil es das einzige glaubwürdige Gold ETF in der Welt ist, das physisch gedeckt ist und innerhalb von 10 Tagen ausgeliefert wird. Bei den anderen Produkten wie auch den Metallkonten kommen Sie im besten Fall auf eine Warteliste im ungünstigeren Fall in den Kollokationsplan.
3. Münzen kaufen kann durchaus Sinn machen auch im Hinblick auf den möglichen Verwendungszweck. Die Aufpreise sind rasant angestiegen. Beim Vreneli zahlen sie bereits 10% Aufgeld. Die meisten Münzen sind in größeren Mengen gar nicht mehr zu kriegen. In den USA und Kanada zur Zeit ein Ding der Unmöglichkeit. Ich empfehle jedem Investor mindestens 10% physisches Gold als Anteil seines Vermögens in seinem Portefeuille zu halten, mit der Absicht, es als Notgroschen zu betrachten und es hoffentlich nie brauchen zu müssen.
O. Disler: Das ist ja spannend. Weshalb sind die Preise denn nicht viel höher?
Marc Gugerli: Das kommt ja jetzt alles zusammen. Die meisten Leute haben Gold via Papier (Futures) an der Comex gekauft. Dort stehen ihnen auch Verkäufer gegenüber, die die Preise nicht hochgehen lassen woll(t)en (US-Regierung). Bis anhin wurde auch nur selten die physische Auslieferung verlangt, was sich jetzt aber am ändern ist. Ich denke an einen Default der Comex, der das ganze Papiergoldsystem zusammenbrechen lässt. Der Preis wird dann schnell auf 2.000 bis 3.000 $ die Unze steigen. Die meisten werden leer ausgehen, deshalb sollte man das Gold jetzt noch kaufen, wo es noch physisch verfügbar ist. Den Versicherungsschutz kaufen Sie ja auch bevor das Haus brennt und nicht nachher.
O. Disler: Wie sieht es beim Silber aus?
Marc Gugerli: Dort ist die Situation im Papiersilbermarkt noch prekärer. Silber ist zur Zeit sehr preiswert, zumal der Markt nicht richtig weiss, ob Silber vor allem Industriemetall ist oder Edelmetall. Es wird aktuel wie andere Rohstoffe als Industriemetall gehandelt. Man sagt, dass Silber das Gold des armen Mannes sei. Weil ich der Meinung bin, das Gold zukünftig sehr teuer sein wird und mehr als “store of wealth“ denn als Zahlungsmittel gebraucht wird, könnte ich mir beim Silber diese Funktion in einigen Ländern (z.B. China oder Mexiko) sehr gut vorstellen. Ich erwarte sogar, dass Silber zwischenzeitlich das Gold outperformt. Da Silber schwierig zu lagern ist im Gegensatz zu Gold, empfehle ich das Silber ETF der ZKB, das auch an der Schweizer Börse gekauft werden kann, solange es noch hat.
O. Disler: Wie sehen Sie die Entwicklung im US$?
Marc Gugerli: Man muss ja immer fragen: gegenüber was? Ich denke, dass grundsätzlich jedes Industrieland eine schwächere Währung möchte, um die Exporte anzukurbeln. Also wird “gedruckt“. Das nächste Land druckt dann auch mehr und schneller und so weiter und so fort. Da haben wir also ein kompetitives Abwertungskarussell. Sie werten aber alle gegen “hard assets“ ab, vornehmlich gegen Gold und Silber und andere nicht beliebig vermehrbare Güter wie auch Land. Deshalb ist es schwierig vorauszusagen wer mehr und schneller druckt. Es sieht so aus, dass Herr Trichet der Langsamste ist unter den Gelddruckern und deshalb der Euro relativ stark ist. Das kann sich aber schnell ändern.
O. Disler: Wie lautet Ihre Meinung zum Slogan “Too big to fail“?
Marc Gugerli: Wissen Sie, man hat in den USA in den letzten 15 Jahren nie eine Rezession zugelassen. Kaum waren Anzeichen einer Abschwächung da, hat Greenspan “gepumpt“ und die Zinsen gesenkt und somit die Probleme heraus gezögert und eine gesunde Säuberung nie zugelassen. Deshalb ist es jetzt zum “too big to fail“ oder eben “too big to safe“ geworden. Man geht immer nach dem gleichen Rezept vor: Schulden erhöhen, Zinsen senken und die Geldmaschine laufen lassen. Eben erst hat uns dieses Rezept in die aktuelle Krise gesteuert. Die Rechnung muss aber bezahlt werden.
O. Disler: Wie denken Sie, dass diese Schulden mal zurückbezahlt werden?
Marc Gugerli: Es gibt 3 Möglichkeiten: 1. Sie bezahlen tatsächlich zurück. In unserer Situation ist das unmöglich. 2. Sie “defaulten“. Aber eben, dass will man ja (noch) nicht - “too big to fail“ (Autoindustrie, Banken) 3. Durch Inflation. Und darauf können Sie setzen.
O. Disler: Ist das Gefahrenpotential einer Inflation überhaupt da bei sich überall abschwächenden Wirtschaften?
Marc Gugerli: Ich denke, die richtige Beschreibung, für das was auf uns zukommt, sollte “Inflationäre Rezession“ lauten. Wie gesagt, monetär wird alles gemacht um die Deflation zum Stoppen zu bringen. Ich rechne mit Inflation vor allem bei Gütern, die wir brauchen; vornehmlich im Nahrungsmittelbereich, aber auch im Energiesektor. Ich denke die Porsches und Yachten werden eher billiger.
O. Disler: Wie soll der Anleger sich in solchen Zeiten verhalten?
Marc Gugerli: Wenn man ja weiss, dass jetzt “en masse“ Infrastruktur-Projekte für tausende von Milliarden kommen, muss man ein bisschen Mut haben und Aktien, die von solchen Programmen profitieren, kaufen. Während der Weimarer Hyperinflation konnten Sie übrigens gut 70% der Kaufkraft erhalten, wenn Sie in deutschen Industrieaktien engagiert waren. Cash und Staatsobligationen wurden allesamt wertlos. Wie sind doch die meisten Leute heute positioniert? Ausgewählte Rohstoffaktien gehören sicher auch dazu (Food und Energie)
O. Disler: Gehören denn Goldaktien auch in ein Portefeuille?
Marc Gugerli: Absolut. Schauen Sie sich mal verschiedene Rohstoffpreise wie Nickel, Zink oder auch Oel an. Die sind bis zu 70% gefallen und die zugrundeliegenden Aktien im selben Ausmass. Der Goldpreis ist aber wie anfangs gesagt sehr stabil und in verschiedenen Ländern nahe am Allzeithöchst dran. Die zugrundeliegenden Aktien haben aber auch etwa 70% verloren. Ich erachte dieses Misspricing als Ausrutscher und als einmalige Chance, um bei diesen Preisen einzusteigen. Die Produktionskosten sind stark am Fallen, vornehmlich die Energiekosten.
Der Goldpreis handelt in verschiedenen Lokalwährungen auf Höchstpreisen und deshalb wird es zu massiven Gewinnsprüngen bei den entsprechenden Goldaktien führen. Der Philadelphia Gold Index XAU kann sich verdoppeln und wäre im historischen Bewertungsvergleich im Verhältnis zum aktuellen Goldpreis immer noch günstig bewertet. Goldaktien sind aktuell die am günstigsten bewertete Asset-Klasse und mein Favorit fürs 2009.
O. Disler: Herr Gugerli, vielen Dank für Ihre interessanten Aussagen!