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Die Rohstoff-Woche - KW 19/2009: Ouagadougou, Wien und andere afrikanische Oasen

09.05.2009  |  Tim Roedel (Rohstoff-Woche)
Was haben Luxemburg, Liechtenstein, die Schweiz, Österreich und Ouagadougou, die Hauptstadt von Burkina Faso gemeinsam? - Tja, keine Ahnung. Deutschlands Finanzminister Peer Steinbrück hat all diese Orte und Regionen in dieser Woche im Rahmen einer Debatte über Steueroasen erwähnt.

Große Empörung über den Vergleich europäischer, teilweise bereits ausgetrockneter Steueroasen mit der Hauptstadt eines der ärmsten Länder der Welt. Was wollte uns Herr Steinbrück damit sagen? Sollte das nun Liechtenstein abwerten und Ouagadougou auf oder andersherum? Ist das Steuersystem vergleichbar? Liegt Ouagadougou überhaupt in einer Wüste? Soll man Herrn Steinbrück dahin schicken, wo der Pfeffer wächst? - Gut OK, da müsste man ihn wohl eher nach Antananarivo schicken, da das Hauptangebiet für Pfeffer doch eher auf Madagaskar zu suchen ist.

Alles in Allem wohlklingende Ortsnamen und ein Finanzminister, der jetzt mehr denn je um seinen Job bangen muss. Denn ob er, selbst wenn seine Partei bei der nächsten Bundestagswahl im Herbst diesen Jahres eine Mehrheit erhalten sollte, jemals wieder einen Ministerposten erhalten wird und sollte, ist durchaus fraglich.

Sich für die Bürger einzusetzen sollte vor Parteipolitik gehen Herr Steinbrück und mit Äußerungen wie den oben genannten machen Sie ihrem Namen sicherlich keine Ehre, ganz im Gegenteil, statt Brücken zu bauen, reissen Sie sie wohl eher ein.


Kommen wir zum eigentlichen Thema, den Rohstoffen:

Auch in der letzten Woche konnten sich die meisten Rohstoffpreise gen Norden entwickeln. Rohstoff-Indizes konnten sich um bis zu 10% nach oben verbessern, wobei vor allem Energie und Industriemetalle gefragt waren und sich nur Fleisch entgegen dem Trend entwickelte.

Die fortlaufende Verbesserung gesamtwirtschaftlicher Daten unterstützt weiterhin nahezu alle Rohstoffgruppen, relativ unabhängig von den Fundamentaldaten. Das alles sind Zeichen einer unkontrollierten Rallyephase.

Die Gefahr für Kapitalanleger besteht nun darin, dass einige Märkte mit jedem weiteren Rallyetag verwundbarer werden, für den Fall, dass sich der Fluss von positiven Wirtschaftsdaten anfangen sollte zu verschlechtern.

Zu dieser Kategorie zählen vor allem eine Reihe von Industriemetallen und der Energiesektor, allen voran Aluminium, Blei und Benzin. Für den Moment scheint der nach oben gerichtete Schwung allerdings weiterhin unwiderstehlich und es mutet schwierig an, dagegen zu handeln.

Ähnlich zeigt sich auch der Markt für Rohstoffe, die in - gegenüber dem USD - Fremdwährungen faktoriert werden. Gerade innerhalb der letzten beiden Jahre wurden aus solchen Geschäften massiv Mittel abgezogen, seit dem April diesen Jahres zeigt sich jedoch eine Wiederauflebung derartiger Geschäfte.

Alles in Allem scheint der Aufwärtstrend des Rohstoff-Sektors aktuell ungebrochen,sodass spekuliert werden darf, ob ein wahrscheinlicher, negativer Rebound eventuell doch nicht so heftig ausfallen dürfte, sofern die weltweite Wirtschaft ab Ende des Jahres wieder ins Positive drehen sollte.

Die Finanzmärkte haben also zu einem gewissen Grad begonnen, Erwartungen für beziehungsweise an einen globalen Wirtschaftsaufschwung einzupreisen. Das Vertrauen in eine Verbesserung des Geschäftsklimas versprüht in immer mehr Bereichen Optimismus, genauso wie der monatliche Einkaufsindex, der viele Anleger in den letzten Wochen zu der Ansicht gebracht hat, dass die globale Produktion allmählich beginnt, wieder aus dem Loch herauszukriechen, in das sie am Ende des letzten Jahres fiel. In Anbetracht dieser allgemein gefühlten Änderung und zusätzlicher - wenn auch minimaler - Bestätigung durch makroökonomische Basisdaten, stürzten sich Kapitalanleger in den letzten Tagen und Wochen scheinbar wahllos auf alles, was der Rohstoffmarkt zu beiten hat.

Dieser beschriebene Optimismus betraf dabei eigentlich fast alle Rohstoffbereiche, vor allem aber Basismetalle, obwohl jedes für sich andere fundamentale Ausgangspunkte aufweist. Der Aufwärtsschwung scheint immer mehr an Kraft zu schöpfen, jedoch sollte man davor gewarnt sein, alle Rohstoffgruppen gleich positiv zu sehen. So dürften es allen voran Aluminium, Nickel und Blei sein, die einen empfindlichen Dämpfer hinnehmen werden müssen, sobald der aktuelle Aufschwung an Fahrt verliert (vor allem wegen noch immer hoher LME-Lagerbestände). Dagegen dürften Metalle, die weiterhin in den Zukaufplänen der Chinesen stehen (wir berichteten mehrfach), also allen voran Kupfer und Zink kurzfristig noch das höchste Aufwärtspotential haben. Doch auch die Chinesen können nicht mehr einkaufen, als sie an Lagerkapazität zur Verfügung haben.

In einer unserer letzten Ausgaben berichteten wir davon, dass in Japan ein weiterer Rückgang der Nachfrage nach Rohöl zu erwarten sei. Als Grund dafür nannten wir die mögliche Wiederinbetriebnahme des 2007 abgeschalteten Reaktors Nummer 7 der Nuklearanlage in Kashiwazaki-Kariwa. Just in dieser Woche billigte nun der Gouverneur von Niigata die Wiederinbetriebnahme des 1.356GW großen Reaktors am Kashiwazaki-Kariwa Kernkraftwerk welches nach den Schäden, die durch ein Erdbeben im Juli 2007 verursacht wurden, wieder Instand gesetzt wurde.

Was bedeutet das nun für den Rohölverbrauch in Japan? Die kommerzielle Nutzung dieses Reaktors dürfte nach Schätzungen in spätestens vier Wochen wieder zu 100% gewährleistet sein. Der Rohölmarkt war dabei ein Schlüsselbegünstigter der Kernstilllegungen gewesen. In den 12 Monaten nach dem Juli 2007 sprang der Tagesverbrauch von TEPCO (Kraftwerksbetreiber in Kashiwazaki-Kariwa) an Rohöl um 89%, der an Gas und Kohle um 22% und 14%.

Die ab Ende 2008 eingetretene schwächere Wirtschaftstätigkeit hat bereits einen großen Teil dieser Hinzugewinne auf der Nachfrageseite egalisiert.

Schätzungen gehen davon aus, dass alleine durch die Inbetriebnahme des Reaktors Nummer 7 die Nachfrage nach Rohöl in Japan um etwa 5% sinken wird, die nach Brennöl gar um 13%.


Zu guter Letzt der Spruch der Woche:

“Es gehört zu den Merkwürdigkeiten des Lebens, dass man mit einem heissen Eisen in der Hand am schnellsten kalte Füsse bekommt.“ - Danny Kaye (* 18. Januar 1913 in Brooklyn, New York; † 3. März 1987 in Los Angeles; eigentlich Daniel David Kaminsky) war ein US-amerikanischer Schauspieler, Komiker und Sänger.

In diesem Sinne eine erfolgreiche Rohstoff-Woche!

Die nächste Ausgabe der Rohstoff-Woche erhalten Abonnenten am 16. Mai 2009.

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© Tim Roedel
Die Rohstoff-Woche





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