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Die Rohstoff-Woche - Kalenderwoche 37/2009: Zucker - ein Auslaufmodell; Gold - der kommende Star

12.09.2009  |  Tim Roedel (Rohstoff-Woche)
Einer der wichtigsten Agrar-Rohstoffe könnte bald vom Markt verschwinden - Zucker. Dies liegt nicht daran, dass niemand mehr seinen Kaffee süß haben will oder alle auf Süßstoff umsteigen werden, sondern an Stevia.

Was bitte ist Stevia? - werden Sie nun sicherlich wissen wollen. Bei Stevia handelt es sich um einen natürlichen Süßstoff, der bis zu 300 mal süßer ist als Zucker, der aber gleichzeitig für Diabetiker unbedenklich ist. Durch seine unheimliche Süßewirkung reichen schon wenige Gramm der pulverisierten Blätter der Stevia-Pflanze, um etwa eine Kanne Kaffee zu süßen. Nachdem die USA und Europa den Trend wieder einmal verschlafen haben, nahm sich vor etwa 10 Jahren China dem Wundermittel an und produziert aktuell 85% des weltweiten Angebots.

Die EU hat Stevia bis heute nicht als Lebensmittel zugelassen, im Handel findet man Stevia lediglich bei den Badezusätzen. Der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der EU-Kommission, der über die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Stevia befinden sollte, kam erst kürzlich zu der Schlussfolgerung, dass “die Pflanze, wie auch Auszüge daraus, auf Grundlage der wenigen augenblicklich verfügbaren Daten“ als Lebensmittel nicht zulassungsfähig sei und daher nicht als Lebensmittel in Verkehr gebracht werden dürfe. Der EU-Amtsschimmel lässt grüßen. Jedenfalls gilt Stevia in der EU aktuell als so genanntes Novel-Food, also als ein Lebensmittel, das vor dem Inkrafttreten der Novel-Food-Verordnung innerhalb der EU nicht in nennenswertem Umfang zum Verzehr in den Handel gebracht wurde. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Lebensmittel aus anderen Kulturkreisen, die vor ihrer Zulassung zunächst einige Jahre Erforschung über sich ergehen lassen müssen.

Wie immer bestimmen auch bei Stevia Ausnahmen die Regel. So erließen bereits einige EU-Staaten Verordnungen für die Verwendung von Stevia als Lebensmittel in Einzelfällen. In den USA ist Stevia mittlerweile als Lebensmittel zugelassen und erfreut sich wachsender Beliebtheit. Die Getränkehersteller Coca-Cola und Pepsi sowie Nestle haben bereits große Teile ihrer Produktion von Zucker auf Stevia umgestellt. Coca-Cola besitzt gar 25 eigene Patente auf die Verwendung des Süßungsstoffs in ihren Produkten. Der Siegeszug des so genannten Honigkrauts scheint also unaufhaltsam - die Ablösung von Zucker als wichtigster Süßungsstoff wohl nur eine Frage der Zeit.

Auch wenn die Wirkung von Stevia noch nicht bis ins letzte Detail erfolgt ist und Stevia in einigen wenigen Bereichen (noch) nicht vollständig ersetzen kann. Es könnte also sein, dass neben Zucker in Zukunft auch Stevia an internationalen Börsen gehandelt werden wird.

China selbst ist dabei aktuell weiterhin auf Sicherung von Rohstoff-Reserven bedacht - vor allem im Edelmetallsektor. So ordnete die chinesische Zentralregierung in dieser Woche an, dass Hongkong seine gesamten Goldbestände, die aktuell in London eingelagert sind, in ein neues Hochsicherheitslager nach Hongkong verschiffen lassen soll. Der Grund dafür dürfte in der Tatsache liegen, dass man im Ernstfall leichter auf Goldreserven im eigenen Land - respektive in Hongkong - zurückgreifen kann, als in Großbritannien, da es dort faktisch mehr oder weniger unter der Kontrolle der USA steht. Obwohl es sich dabei um lediglich 2,1 Tonnen Gold handelt, zeigt diese Meldung dennoch, dass der Börsenstandort bzw. der Goldlagerstandort London nicht mehr von allen Staaten als sicher angesehen wird.

Auch im Bereich Öl wurde China in den letzten Tagen und Wochen verstärkt aktiv. So erwarb man für 1,9 Milliarden CAD eine 60%ige Beteiligung an Konzessionen der privaten Gesellschaft Athabasca Oil Sands. Weitere Beteiligungen sind dabei nicht ausgeschlossen, immerhin stellt dieser Betrag gerade einmal ein Promille der gesamten Devisenreserven Chinas in USD dar.

Für einen wahren Paukenschlag sorgte in dieser Woche auch Barrick. Barrick wollte eigentlich “nur“ etwas mehr als 81 Mio. neuer Aktien zu einem Preis von 36,95 USD ausgeben, um rund 3 Mrd. USD an frischem Kapital zu erhalten. Letztendlich wurden dann innerhalb von nur einer halben Stunde sogar fast 95 Mio. neue Aktien ausgegeben, was 3,5 Mrd. USD in die Kassen von Barrick spülte. Es handelt sich dabei um die größte Kapitalerhöhung, die ein kanadisches Unternehmen jemals durchführte - und das Ganze in nur 30 Minuten! Kann man das schon als Vorahnung für einen explodierenden Goldpreis in nicht allzu ferner Zukunft werten?

Fest steht auf jeden Fall, dass Barrick Gold das neue Kapital gut gebrauchen kann, wird man doch in den nächsten 12 Monaten einige Hedge-Positionen abbauen müssen. Insgesamt 2 Mrd. USD sollen dafür verwendet werden, mehrere preisgebundene Goldkontrakte in den nächsten 12 Monaten loszuwerden.

Dabei befindet sich Barrick Gold in guter Gesellschaft. So löste Newmont Mining bereits in 2008 seine 1,85 Mio. Unzen Gold umfassende Hedge-Position auf. In diesem Jahr folgte dann AngloGold Ashanti, die ihr Hedge-Book um 1,4 Mio. Unzen verringerten. Die Major-Gold-Produzenten scheinen also mit einem nicht unwesentlichen Anstieg des Gold-Preises zu rechnen, anders sind diese massiven Hedge-Book-Verkürzungen eigentlich nicht zu erklären.

Genauso wie auch der massive Einstieg von Goldcorp bei Osisko Mining. Nach weiteren Zukäufen im August und September hält Goldcorp mittlerweile einen 12,4%igen Anteil an dem kanadischen Junior-Explorer. So pickt sich jeder Stück für Stück die Rosinen aus dem Goldkuchen ... Haben Sie es auch schon getan?


Hätten Sie’s gewusst?:

A - Hedging von Rohstoffen: Das so genannte Hedgen von Rohstoffen durch Produzenten bedeutet den Vorwärtsverkauf einer bestimmten Rohstoff-Menge zu einem bestimmten Preis. Damit sichert sich der Produzent einen festen Preis für eine bestimmte Menge an Rohstoffen über einen bestimmten Zeitraum. Der Vorteil daran ist, dass der Produzent eine gewisse Planungssicherheit hat, da er ja einen sicheren Verkaufskontrakt für sein Produkt, sowie eben einen festen Preis dafür besitzt. Als nachteilig kann sich der Preis dennoch erweisen. Liegt der aktuelle Marktpreis für den Rohstoff über dem Kontraktpreis, erhält der Produzent weniger für sein Produkt, als es eigentlich “wert“ wäre.

B - Zuckerherstellung: Hauptquellen für die Erzeugung von klassischem Zucker sind Zuckerrohr und Zuckerrüben. Mittels des Auslaugens und Ausfällens von nichtlöslichen Begleitstoffen, der Verdampfung, Kristallisation und Raffinierung werden aus den Ausgangsprodukten letztendlich die uns bekannten weißen oder braunen Zuckerkristalle gewonnen. Haupterzeuger von klassischem Zucker sind Brasilien und Indien. Stevia kommt fast ausschließlich aus China.


Das Zitat der Woche:

“Wenn man jedem Affen Zucker gibt, darf man sich nicht wundern, wenn einzelne Tiere ihren eigenen Zirkus aufmachen.“ - Kurt Beck (* 5. Februar 1949 in Bergzabern) ist ein deutscher Politiker (SPD) und seit 1994 Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz. Damit ist er derzeit mit Abstand der am längsten amtierende Ministerpräsident in Deutschland. Von 2006 bis 2008 war er auch Bundesvorsitzender seiner Partei. Von November 2006 bis Dezember 2008 war er Vizepräsident der Sozialistischen Internationalen.

Der obige Spruch fiel am 18.9.2006 und sollte Becks Sicht des Verhältnisses der Berliner WASG und der Linkspartei PDS ausdrücken. Beide Parteien schlossen sich später zur aktuellen Partei “Die Linke“ zusammen.

In diesem Sinne eine erfolgreiche Rohstoff-Woche!

Die nächste Ausgabe der Rohstoff-Woche erhalten Abonnenten am 19. September 2009.

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© Tim Roedel
Die Rohstoff-Woche





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