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Die Rohstoff-Woche - KW 23/2010: Das Ende des Erdölzeitalters

05.06.2010  |  Tim Roedel (Rohstoff-Woche)
Ist das Ende des Ölzeitalters gekommen? Dies behaupten zumindest einige selbsternannte Experten aus den USA, die Präsident Obamas Rede vom gestrigen Donnerstag dahingehend interpretieren. Obama gab ein neuerliches Statement zu BPs Öl-Desaster im Golf von Mexiko ab und deutete an, dass er Milliarden von USD an Steuererleichterungen für Öl-Konzerne auf den Prüfstand bringen und mit Hilfe des US-Senats kürzen wolle. Mal davon abgesehen, dass eine derartige Maßnahme ja nur für das Hoheitsgebiet der USA gelten würde und dort sicherlich wohl nur für die Konzerne, deren Projekte "auf Tiefseewasser gebaut" sind, dürfte das der weltweiten Öl-Branche eher helfen, denn schaden, oder?

Der Anteil an der weltweiten Fördermenge, der aus den tiefen Gewässern der USA stammt ist nicht unbedingt viel, es ist aber ein gewisser Prozentsatz. Dieser Prozentsatz würde auf der Angebotsseite zunächst fehlen und müsste andern Ortens mehr gefördert werden. Die Chance für die Sorte Brent Crude? Die europäische Rohöl-Sorte (Erklärung siehe unten) könnte von einem Produktionsrückgang in den USA profitieren. Allerdings hat die Förderung in der Nordsee ihr Förderpeak bereits überschritten, Produktionsausweitungen dürften nur in eingeschränktem Maße möglich sein.

Einige Experten sind jedoch der Meinung, dass sich dieses Szenario gerade positiv auf den Uran-Sektor in den Vereinigten Staaten auswirken dürfte. Dieser soll in den nächsten Jahren wie angekündigt mit bis zu 54 Milliarden USD an Staats-Bürgschaften unterstützt werden. Ziel der US-Regierung ist neben der Lösung bereits jetzt bestehender Energie-Probleme auch die Reduzierung der CO2-Emissionen. Die Atomkraft gilt nicht nur in den USA und China als Grüne Energieform, die weitgehend CO2 neutral ist. Sicherheitsaspekte und die Frage nach der Endlagerung gebrauchter Brennstäbe stellen sich zum aktuellen Zeitpunkt nicht.

Wer auch immer von dieser Katastrophe profitieren will und wird, für die betroffene Region rund um das noch immer teilweise offene Bohrloch wird es sicherlich nie mehr so werden wie vorher. Ob die sich nun doch abzuzeichnende Lösung mit der übergestülpten Tauchglocke dauerhaft wirksam sein wird ist höchst fraglich. Denn die Hurrikan-Saison steht vor der Tür und die könnte nach Aussagen der National Oceanic and Atmospheric Administration in den USA in diesem Jahr überdurchschnittlich heftig ausfallen. Zumindest eine Entlastungsbohrung müsste nun dringend her, die zum einen eben das aktuelle Leck entlasten und zum anderen aber kontrolliert eingebracht werden könnte, um die Ölvorkommen dauerhaft und professionell abzupumpen.

Genau drei Jahre ist es jetzt her, als der Uran-Preis - angetrieben von Spekulanten - zum Sprung über die 100 USD - Marke ansetzte. Aktuell steht er mit 40,75 USD je Pfund U3O8 auf dem Niveau von vor vier Jahren. Dieses Niveau hält er nun allerdings schon seit etwa 20 Wochen, weshalb ich stark davon ausgehe, dass es eine Art Boden darstellt. In letzter Zeit kamen zunehmend Befürchtungen auf, das die Finanzkrise dazu führen könnte, dass vor allem in Europa die benötigten Milliardenkredite zum Bau neuer Nuklear-Reaktoren nicht mehr ausreichend zur Verfügung gestellt werden könnten. Dies erscheint natürlich möglich, jedoch wir Europa in Zukunft nur etwa 10% aller Neubauten durchführen. Der überwiegende Rest wird in China, Indien, dem Nahen Osten und den USA gebaut werden. In Asien sitzt das Geld aktuell sehr locker und die USA haben mit ihrem 54 Milliarden USD - Programm ja schon angedeutet, wohin der Weg führen soll.

Ziemlich uneins über die Zukunft der Atom-Industrie ist man sich derweil in Großbritannien. Während sich der neue liberal-demokratische Energieminister Chris Huhne nicht unbedingt als Freund von Atomenergie bezeichnete, will EDF Energy in den kommenden Jahren 30 Milliarden USD in den Bau neuer Anlagen investieren. Damit soll bereits ab 2012 begonnen werden. Ein generelles Verbot des Neubaus von Kernkraftanlagen in UK erscheint sehr unwahrscheinlich, zu groß sind die wirtschaftlichen Probleme des Landes und zu sehr benötigt man Gelder aus dem Export von billiger Energie.

Die U.S. Nuclear Regulatory Commission, also die Atom-Regulierungs-Behörde der USA rechnet bis 2013 mit mehr als 25 Anträgen zum Bau und Betrieb neuer Kernkraftanlagen in den Vereinigten Staaten. Dies gab die Behörde jetzt im Rahmen eines neu eingegangenen Antrags für den Bau einer Anlage in New Jersey bekannt.

Brasilien beginnt aktuell mit der Fortsetzung des Baus seiner Angra 3 - Anlage. Der Reaktorbau begann bereits 1984, wurde jedoch nach der Katastrophe von Tschernobyl gestoppt. 70% allen benötigten Materials lag seitdem verwaist auf dem Reaktorgelände. Jetzt soll die Anlage fertiggebaut und spätestens 2015 in Betrieb gebracht werden. Insgesamt plant Brasilien den Neubau von weiteren 16 Kernreaktoren innerhalb der nächsten 15 Jahre.


Hätten Sie’s gewusst?

Brent ist die in Europa wichtigste Rohölsorte. Bei Brent Crude Oil handelt es sich um leichtes, niedrigsiedenderes) Rohöl mit niedrigem Schwefelgehalt. Dieses stammt hauptsächlich aus der Nordsee zwischen den Shetlandinseln und Norwegen. Von dort gelangt es über eine Unterwasserpipeline zum Ölterminal Sullom Voe auf Mainland, Shetland und wird per Tanker weiter in die Raffinerien transportiert. Gehandelt wird Brent Crude in London an der Warenterminbörse ICE Futures (früher "International Petroleum Exchange").


Das Zitat der Woche:

"Alle Es ist schlimm, in einem Land zu leben, in dem es keinen Humor gibt. Aber noch schlimmer ist es, in einem Land zu leben in dem man Humor braucht." - Bertolt Brecht (auch Bert Brecht; gebürtig Eugen Berthold Friedrich Brecht; * 10. Februar 1898 in Augsburg; † 14. August 1956 in Ost-Berlin) war ein einflussreicher deutscher Dramatiker und Lyriker des 20. Jahrhunderts. Seine Werke werden weltweit aufgeführt. Brecht hat das epische Theater bzw. "dialektische Theater" begründet und umgesetzt.

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© Tim Roedel
Die Rohstoff-Woche





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